Sunday, May 20, 2007

der tag am meer

wir hatten endlich den khamsin, die 50-tägige sandsturmsaison, hinter uns. und es gab eine gute gelegenheit, das zu feiern: der österreichische frauenkreis machte seinen alljährlichen ausflug. es sollte ans meer gehen, nach ain sochna, das nur 130 km von kairo entfernt ist.

am samstag, den 5. mai, in aller frühe erfreute ich mich daran, durch die leeren straßen von kairo nach dokki zur deutschen schule zu fahren, wo der bestellte bus schon wartete. noch gab es viel platz im bus und eine etwas schläfrige stimmung. quer durch kairo fuhren wir, um in heliopolis noch mehr auslandsösterreicherinnen zusteigen zu lassen. so füllte sich der bus nicht nur mit fast 30 frauen, sondern auch mit lebhaften begrüßungen, gesprächen und freudiger erwartung.

ich plauderte mit meiner sitznachbarin. sie war seit fast 30 jahren in kairo, ihre kinder sind hier aufgewachsen und nun schon erwachsen. ihr mann hatte gearbeitet, hart gearbeitet, um den kindern eine gute ausbildung zu ermöglichen, was hierzulande nicht billig ist. sie hatte sich um den haushalt gekümmert und die sommer in österreich verbracht. klar, meinte ich, ist ja auch schön für die kinder, ihre "andere" kultur kennen zu lernen. was - mit den kindern? nein, im sommer hätte sie sich schon gern von der familie erholt und wäre meistens ohne die kinder gefahren! um die hätte sich der mann gekümmert. ich war verblüfft und die fahrt war auch schon fast zu ende.

wir fuhren in einen jener "compounds" ein, in denen villenartige häuser, bepflanzte alleen und gärten nach der fahrt durch die wüstenlandschaft einen nachgerade paradiesischen eindruck erweckten. vor einer der villen hielt der bus, und wir wurden von jenen empfangen, die schon mit dem eigenen auto angekommen waren - und natürlich von der gastgeberin und ihrer freundin, die extra für das ereignis angereist war. wir gingen durch das haus auf die terrasse und standen fast direkt vor dem meer. wie immer fühlte ich mich magisch angezogen und ging gleich weiter - noch ein paar schritte durch den garten, einige meter über den strand und schon leckten die wellen meine füße und meine augen freuten sich an der weite und der in allen blauschattierungen changierenden farbe des wassers.

zwei weitere frauen gesellten sich zu mir und es stellte sich schnell heraus, dass sie beide fast neben mir wohnen. es verblüfft immer wieder, dass kairo bei seiner riesigen ausdehung sich dann doch wieder als so klein und vernetzt herausstellen kann!

wir gingen zurück, verteilten uns zwischen den anderen auf der terrasse und im garten und tranken kaffee. ich plauderte erst mit der frau des botschafters, die auch im sommer nach wien zurückgehen wird. dann gingen die ersten schon ins wasser, und auch ich zog mir die badesachen an.

"soll ich ein foto machen und nach minia schicken?" fragte mich grinsend eine professora der kairo-universität, die eines der wenigen nicht-österreichischen mitglieder des frauenkreises ist, als ich im tankini auftauchte. "sicher würde mich keiner erkennen, weil man sich nicht denken kann, dass sich eine respektsperson so anzieht", gab ich fröhlich zurück, warf auch noch das hüfttuch von mir und mich in die fluten - wunderbar! ich hatte gerade einen roman fast fertiggelesen, in dem das mittelmeer an der nordküste, wo viele ägypterInnen die sommerfrische verbringen, als "glatt wie öl" gepriesen wird. dieses hier, das rote meer, war ein wenig bewegt - so wenig, dass es spass machte, weit hinauszuschwimmen und dabei ein ganz klein wenig geschaukelt zu werden. dann konnte ich mich umdrehen und ein panorama aus strand und felsig-sandigen hügeln genießen. davor, im wasser, kreise aus frauen, die sich im wasser unterhielten, umeinander herumschwammen und das salzige nass auf vielfältigste art genossen.

irgendwann waren wir alle wieder an land und führten grüppchenweise schmäh, bis das essen fertig war: bratwurst vom holzkohlengrill, erdäpfelsalat und andere leckere dinge türmten sich bald auf unseren tellern und die stimmung wurde immer ausgelassener, obwohl es - nach meiner zählung - dazu nicht einmal 10 dosen bier für 34 frauen gab. irgendwer stimmte den erzherzog-johann-jodler an, unser tisch, an dem eine vorarblbergerin saß, antwortete mit dem lied vom "wälder isobähnle" (der bregenzerwälderbahn). die gastgeberinnen und der einzige anwesende mann, ein in der küche schuftender ägypter, verwandelten das mittagsbuffett in ein jausenbuffett, während wir geschichten erzählten, vor allem von den eigenen und anderen männern, alles in gemütlichstem österreichisch, das nur unterbrochen wurde, wenn irgendwo ein handy klingelte und sich jede der antwortenden zwischendurch in fließendem ägyptisch-arabisch mit irgendeinem anliegen auseinandersetzte. was wunder: viele der mitglieder des frauenkreises sind schon mehr als ihr halbes leben in ägypten.

eine recht junge frau, die leggings und eine langärmelige bluse über ihrem badeanzug trägt, stammt aus der steiermark und lebt nun in einem dorf im nildelta. sie ist zum islam konvertiert und trägt auch das kopftuch. sie ist eines der besten beispiele dafür, dass das kopftuch nicht das verändert, was unter diesem tuch ist: geist und lebenseinstellung. offen, fröhlich und voller elan arbeitet sie im landwirtschaftlichen betrieb ihres mannes mit und beschäftigt sich mit ihren söhnen, die 6 und 8 jahre alt sind. sie fährt gelegentlich nach kairo, um ein bisschen kultur zu genießen, meint aber sonst, dass sich eigentlich im leben immer alles findet, wie es sich auch für sie gefunden hat, als sie ihren job als managerin bei ikea aufgegeben hat und hierher gekommen ist.

wir feiern einen geburtstag und essen eine menge selbstgemachte torten und apfelstrudel. danach sollte ich eigentlich schon nach kairo zurück fahren - eine freundin hatte mir extra eine mitfahrgelegenheit organisiert. ich bedanke mich für den platz im auto, entschuldige mich aber: ich möchte doch noch einmal ins wasser! mit einem kleinen strandspaziergang, bei dem ich korallenstückchen sammle, wärme ich mich auf (was bei über 30 grad eigentlich nicht notwendig wäre ;-)), dann bleibe ich wieder im wasser, bis ich meinen aufkeimenden sonnenbrand mit dem anderer schwimmerinnen vergleichen kann.

schließlich gibt es noch ein schlückchen wein zum abschied vom strand, eine kleine ansprache unserer präsidentin und ein gruppenfoto. der bus wartet schon.

mit ein wenig schlechtem gewissen versuche ich nun hisham anzurufen, der heute aus der wüste heimkommen soll. ist er etwa gar schon in kairo? er ist noch immer außerhalb des empfangsbereichs und meldet sich später über satellitentelefon. er musste ein auto retten und kommt, wenn überhaupt, weit nach mitternacht - der arme!

da es hisham ohnhin nichts hilft, wenn ich mitleide, rauche ich in downtown eine abschluss-shisha mit einer meiner neuentdeckten österreichischen nachbarinnen. sie hat so eine freude mit dem leben in ägypten, dass gleich ein wenig davon auf mich übersprang und ich mich ganz fröhlich zu hause wiederfand.

werden mich dieses land und diese stadt überhaupt je loslassen? die österreichischen expertinnen, die ich zu rate gezogen habe verneinen diese frage jedenfalls entschieden.

1 comment:

Anonymous said...

Nur wenn man dran glaubt..