Saturday, May 26, 2007

der grosse showdown

wir kennen sie alle - die grossen momente im leben, in denen ein lebensabschnitt beendet wird und ein neuer beginnt. die magisterwerdung gehoert fraglos dazu. auch bei uns werden ihr gebuehrend nervenanspannungen geopfert, bis alles in einem grossen fest muendet. in aegypten gibt es dies alles in orientalischer ueppigkeit an einem tag.

nauterlich wird auch hier entsprechend vorgearbeitet. es wird eine arbeit geschrieben. die germanistInnen muessen das auf deutsch tun und dabei sowohl ihren bis dahin kaum praktizierten umgang mit wissenschaftlichen arbeitstechniken erproben als auch ihre sprache auf ein ganz anderes niveau bringen. für viele ist die magisterarbeit die erste ernstzunehmende wissenschaftliche arbeit, die sie verfassen. klar, dass sich die kandidatInnen hilfe holen, wo sie koennen. viel gibt es leider hierzulande aber auch nicht zu holen. die aegyptischen profs sind sehr beschaeftigt und die auslands-lektorInnen haben auch nicht fuer alle zeit. so wird meist nach dem trial-and-error-prinzip geschrieben, abgegeben, zurueckgeworfen, mehr oder weniger korrigiert wieder abgegeben, zurueckgewiesen, tränen fließen, noch einmal wird versucht...

irgendwann ist es dann so weit: die arbeit ist fertig genug, dass es einen termin fuer die "verteidigung" gibt. der magister-vater und die 2 gutachterInnen erhalten je eine kopie der arbeit und machen sich ans produzieren von vortraegen, raeume werden angemietet, die familie wird eingeladen, der countdown läuft.

dienstag, 7 uhr morgens, bahnhof giza. drei menschen im halbschlaf treffen einander: der leiter der deutschabteilung von al minia, ein DAAD-lektor und die österreichlektorin. sie besteigen den zug und treffen den doktorvater, eine der grauen eminenzen der hiesigen germanistik. die ägyptischen profs schlafen, die europäischen mitreisenden versenken sich in je eine magisterarbeit. es soll ja auch im herbst wieder verteidigungen geben können.

3 1/2 stunden spaeter, bahnhof al minia: 2 autos warten auf die ankommenden. es ist schon schön warm... wir fahren zur uni. dort werden wir feierlich von der dekanin der sprachenfakultät empfangen. das heisst: sie kommt sogar hinter ihrem schreibtisch hervor und setzt sich zwischen uns. diverse andere menschen sitzen auch herum, einer davon ist der vater der kandidatin. dass die dekanin nicht hinter dem schreibtisch sitzt, haelt sie keineswegs davon ab, ihrem tagesgeschaeft nachzugehen. wir bestellen und bekommen tee und kaffee, ich führe schmäh mit dem mann, der die getränke serviert, mit anderen hereinkommenden, man steht auf, setzt sich hin und woandershin. der kaffee ist längst ausgetrunken, wir sitzen und setzen uns um und tauschen höflichkeiten aus. der deutsche lektor würde gern mit der verteidigung beginnen. aber in minia herrscht nochmals ein anderes zeitgefühl als in kairo. ich weiss das zwar, (er wohl auch) aber ich werde mich auch nie wirklich dran gewöhnen...

irgendwann findet doch ein aufbruch aus dem zimmer der dekanin statt. geht es nun an die verteidigung? nein, natuerlich nicht. wir müssen erst im zimmer des abteilungsleiters frühstücken. es gibt feine tortenstücke und/oder salziges. die familie der kandidatin lässt sich nicht lumpen. es wird wieder mehrmals zum aufbruch gemahnt, aber nun gibt der abteilungsleiter alle unterschriften, ratschläge und anweisungen für den rest der woche. menschen kommen und gehen, ich schleiche mich raus und rauche eine zigarrette, der kollege vom daad liest im handbuch "deutsch als fremdsprache". wie immer geht es dann los, als es so aussieht, als würde heute gar nichts mehr passieren.

mit mehreren autos, in denen es mindestens 50 grad hat, fahren wir die 100 meter zum suzanne-mubarak-gebäude. dort ist ein raum für die "munaqasha risalat magister" (magisterarbeitsdiskussion) reserviert. anwesend: rund 20 familienmitglieder, knapp 10 assistentInnen, einige studentInnen und etliche honoratiorInnen. der raum ist klimaanlagengekuehlt, gott sei dank.

die kandidatin zieht sich das verteidigungsgewand, einen schwarz-roten umhang, über. die professoren verschwinden und tun desgleichen, nur sind ihre gewänder schwarz-grün. dann folgt eine längliche begrüßung durch den doktorvater auf arabisch, bei der der ganze lebenslauf der kandidatin (vom kindergarten bis zum zeitpunkt der verteidigung) abgehandelt wird. dann darf die kandidatin über ihre arbeit sprechen.

sie hat über franz fühmann geschreiben und ich verdanke ihr, diesen autor bzw. sein buch "22 tage doer die hälfte des lebens", das den forschungsgegenstand darstellt, kennengelernt zu haben. die kandidatin und ich haben 2 jahre lang zusammen unterrichtet, daneben und danach haben wir fühmann diskutiert. es war eine freude mit ihr zu diskutieren, weil sie interessante ideen hatte und ein schönes gefühl für die deutsche sprache und einen guten literaturwissenschaftlichen instinkt besitzt. es war trotzdem anstrengend. jetzt ist nichts mehr anstrengend, ich kann gemütlich zuhören und mich daran freuen, wie gut sie formulieren kann.

danach sind die plädoyers der gutachter an der reihe. denen hat die arbeit natürlich auch gefallen, aber sie müssen auch kritik üben, das schreibt ihre rolle vor. dazwischen wird ein bisserl über einen lieblingsgedanken philosophiert, und am ende wird die annahme der arbeit als magisterarbeit empfohlen. all dies muss 15-20 minuten dauern und sollte beweisen, dass die arbeit gründlich gelesen und sorgfältig bewertet wurde. dann ist der magister-vater am wort. er spricht natürlich nur gutes über die arbeit, denn er hat sie ja betreut (oder hätte das jedenfalls tun sollen). und auch er philosophiert ein wenig über dies und jenes - meistens über literatur- oder kulturhistorische querbezüge, die die kandidatin nicht kennen kann, auch nicht kennen muss. hier soll nur gezeigt werden: egal wie gut die gerade gebacken werdende magistra gearbeitet hat, so gut wie ein prof ist sie natürlich noch lange nicht.

am ende darf die kandidatin noch etwas sagen, wenn sie will. sich verteidigen. meistens schlägt man ihr vor, das nicht zu tun, viele sind auch nicht sehr interessiert. diese kandidatin antwortet lebhaft, so dass man sehen kann, wie stolz sie auf die arbeit ist und wie wichtig sie jede einzelne fussnote nimmt.

die familie hat nun fast eineinhalb stunden einer deutschsprachigen diskussion zugehört. die professoren ziehen sich zur beratung zurück. erfrischungen werden gereicht. auf mich stürzt sich ein weiterer potentieller magisterkandidat und ich sehe das grinsen der heutigen kandidatin, als sie mitkriegt, wie ich ihn mit fast missionarischem eifer beschwöre, sein thema nicht zu weit zu fassen.

neuerliche versammlung im saal. das urteil wird im stehen angehört: magistra mit auszeichnung. alf mahbruuk! herzlichen glückwunsch! 20 weitere minuten vergehen mit glückwünschen und fotos in den verschiedensten personellen zusammensetzungen. als wir endlich zum essen gehen könnten, hat der professor vom daad gerade diesen beschwörenden ton drauf, den ich in der pause verwendet hatte: "sie müssen genauer wissen, was sie wollen!" eine andere hoffnungsvolle kandidatin, soviel ich weiss, für den doktorgrad, hat ihn um rat und hilfe gefragt. weil er netter ist als ich, gibt er seine e-mail-adresse her. er bleibt auch noch ein jahr als lektor in kairo.

genug der trockenen materie, jetzt geht es ans festessen: es hat wohl schon über 50 grad in den autos, obwohl sie im schatten geparkt waren. wir schieben uns zwischen dem stärksten verkehr des tages an der corniche entlang, fahren über die nilbrücke nach neu-minia und betreten den militärclub am ufer des nils. eine weiträumige, luxuriöse anlage, durch die wir nur in der gnadenlosen frühnachmittagssonne zum restaurant schreiten.

dort wird in der lobby gewartet. ich warte am dringendsten auf meinen abteilungsleiter, denn er hat noch zigarretten, ich aber nicht mehr. er kommt aber wirklich erst knapp vor dem essen. zum essen bekommen die honoratioren (die verteidigungs-profs) einen eigenen tisch, an den sie wie präsidiumsmitglieder nebeneinander sitzen. sonst ist wenig hierarchische einteilung zu bemerken, dafür geschlechtertrennung: es gibt frauen- und männertische. ich sitze mit der mutter der kandidatin und der kandidatin selbst. es wird gegessen, reichlich und vom besten, denn es ist ein festtag. will jemand wirklich das besteck weglegen, wird er nachdrücklich aufgefordert, noch ein bisserl zu essen. ich lasse trotz allem ein paar stückchen kebab über, weil ich sonst die ausgezeichnete crème caramel nicht mehr vernaschen könnte, und um die wär es wirklich schade gewesen.

plötzlich springt mein abteilungsleiter auf. da wir den gleichen zug gebucht haben, springe auch ich und verabschiede mich hastig. ich finde ihn in der lobby wieder, wo er jede menge titelblätter der soeben verteidigten magisterarbeit unterschreibt. 10 minuten vor abfahrt des zuges fahren wir dann wirklich los, und sind tatsächlich noch vor der offiziellen abfahrtszeit am bahnhof. der zug hat glücklicherweise auch nur wenig verspätung, sodass wir um 1/2 9 uhr abends wieder in kairo sind.

es ist immer noch heiss, aber nicht mehr so sehr. ich stelle mich unter die dusche und nicke dann über einem buch ein, bevor meine haare noch ganz trocken sind.

Sunday, May 20, 2007

der tag am meer

wir hatten endlich den khamsin, die 50-tägige sandsturmsaison, hinter uns. und es gab eine gute gelegenheit, das zu feiern: der österreichische frauenkreis machte seinen alljährlichen ausflug. es sollte ans meer gehen, nach ain sochna, das nur 130 km von kairo entfernt ist.

am samstag, den 5. mai, in aller frühe erfreute ich mich daran, durch die leeren straßen von kairo nach dokki zur deutschen schule zu fahren, wo der bestellte bus schon wartete. noch gab es viel platz im bus und eine etwas schläfrige stimmung. quer durch kairo fuhren wir, um in heliopolis noch mehr auslandsösterreicherinnen zusteigen zu lassen. so füllte sich der bus nicht nur mit fast 30 frauen, sondern auch mit lebhaften begrüßungen, gesprächen und freudiger erwartung.

ich plauderte mit meiner sitznachbarin. sie war seit fast 30 jahren in kairo, ihre kinder sind hier aufgewachsen und nun schon erwachsen. ihr mann hatte gearbeitet, hart gearbeitet, um den kindern eine gute ausbildung zu ermöglichen, was hierzulande nicht billig ist. sie hatte sich um den haushalt gekümmert und die sommer in österreich verbracht. klar, meinte ich, ist ja auch schön für die kinder, ihre "andere" kultur kennen zu lernen. was - mit den kindern? nein, im sommer hätte sie sich schon gern von der familie erholt und wäre meistens ohne die kinder gefahren! um die hätte sich der mann gekümmert. ich war verblüfft und die fahrt war auch schon fast zu ende.

wir fuhren in einen jener "compounds" ein, in denen villenartige häuser, bepflanzte alleen und gärten nach der fahrt durch die wüstenlandschaft einen nachgerade paradiesischen eindruck erweckten. vor einer der villen hielt der bus, und wir wurden von jenen empfangen, die schon mit dem eigenen auto angekommen waren - und natürlich von der gastgeberin und ihrer freundin, die extra für das ereignis angereist war. wir gingen durch das haus auf die terrasse und standen fast direkt vor dem meer. wie immer fühlte ich mich magisch angezogen und ging gleich weiter - noch ein paar schritte durch den garten, einige meter über den strand und schon leckten die wellen meine füße und meine augen freuten sich an der weite und der in allen blauschattierungen changierenden farbe des wassers.

zwei weitere frauen gesellten sich zu mir und es stellte sich schnell heraus, dass sie beide fast neben mir wohnen. es verblüfft immer wieder, dass kairo bei seiner riesigen ausdehung sich dann doch wieder als so klein und vernetzt herausstellen kann!

wir gingen zurück, verteilten uns zwischen den anderen auf der terrasse und im garten und tranken kaffee. ich plauderte erst mit der frau des botschafters, die auch im sommer nach wien zurückgehen wird. dann gingen die ersten schon ins wasser, und auch ich zog mir die badesachen an.

"soll ich ein foto machen und nach minia schicken?" fragte mich grinsend eine professora der kairo-universität, die eines der wenigen nicht-österreichischen mitglieder des frauenkreises ist, als ich im tankini auftauchte. "sicher würde mich keiner erkennen, weil man sich nicht denken kann, dass sich eine respektsperson so anzieht", gab ich fröhlich zurück, warf auch noch das hüfttuch von mir und mich in die fluten - wunderbar! ich hatte gerade einen roman fast fertiggelesen, in dem das mittelmeer an der nordküste, wo viele ägypterInnen die sommerfrische verbringen, als "glatt wie öl" gepriesen wird. dieses hier, das rote meer, war ein wenig bewegt - so wenig, dass es spass machte, weit hinauszuschwimmen und dabei ein ganz klein wenig geschaukelt zu werden. dann konnte ich mich umdrehen und ein panorama aus strand und felsig-sandigen hügeln genießen. davor, im wasser, kreise aus frauen, die sich im wasser unterhielten, umeinander herumschwammen und das salzige nass auf vielfältigste art genossen.

irgendwann waren wir alle wieder an land und führten grüppchenweise schmäh, bis das essen fertig war: bratwurst vom holzkohlengrill, erdäpfelsalat und andere leckere dinge türmten sich bald auf unseren tellern und die stimmung wurde immer ausgelassener, obwohl es - nach meiner zählung - dazu nicht einmal 10 dosen bier für 34 frauen gab. irgendwer stimmte den erzherzog-johann-jodler an, unser tisch, an dem eine vorarblbergerin saß, antwortete mit dem lied vom "wälder isobähnle" (der bregenzerwälderbahn). die gastgeberinnen und der einzige anwesende mann, ein in der küche schuftender ägypter, verwandelten das mittagsbuffett in ein jausenbuffett, während wir geschichten erzählten, vor allem von den eigenen und anderen männern, alles in gemütlichstem österreichisch, das nur unterbrochen wurde, wenn irgendwo ein handy klingelte und sich jede der antwortenden zwischendurch in fließendem ägyptisch-arabisch mit irgendeinem anliegen auseinandersetzte. was wunder: viele der mitglieder des frauenkreises sind schon mehr als ihr halbes leben in ägypten.

eine recht junge frau, die leggings und eine langärmelige bluse über ihrem badeanzug trägt, stammt aus der steiermark und lebt nun in einem dorf im nildelta. sie ist zum islam konvertiert und trägt auch das kopftuch. sie ist eines der besten beispiele dafür, dass das kopftuch nicht das verändert, was unter diesem tuch ist: geist und lebenseinstellung. offen, fröhlich und voller elan arbeitet sie im landwirtschaftlichen betrieb ihres mannes mit und beschäftigt sich mit ihren söhnen, die 6 und 8 jahre alt sind. sie fährt gelegentlich nach kairo, um ein bisschen kultur zu genießen, meint aber sonst, dass sich eigentlich im leben immer alles findet, wie es sich auch für sie gefunden hat, als sie ihren job als managerin bei ikea aufgegeben hat und hierher gekommen ist.

wir feiern einen geburtstag und essen eine menge selbstgemachte torten und apfelstrudel. danach sollte ich eigentlich schon nach kairo zurück fahren - eine freundin hatte mir extra eine mitfahrgelegenheit organisiert. ich bedanke mich für den platz im auto, entschuldige mich aber: ich möchte doch noch einmal ins wasser! mit einem kleinen strandspaziergang, bei dem ich korallenstückchen sammle, wärme ich mich auf (was bei über 30 grad eigentlich nicht notwendig wäre ;-)), dann bleibe ich wieder im wasser, bis ich meinen aufkeimenden sonnenbrand mit dem anderer schwimmerinnen vergleichen kann.

schließlich gibt es noch ein schlückchen wein zum abschied vom strand, eine kleine ansprache unserer präsidentin und ein gruppenfoto. der bus wartet schon.

mit ein wenig schlechtem gewissen versuche ich nun hisham anzurufen, der heute aus der wüste heimkommen soll. ist er etwa gar schon in kairo? er ist noch immer außerhalb des empfangsbereichs und meldet sich später über satellitentelefon. er musste ein auto retten und kommt, wenn überhaupt, weit nach mitternacht - der arme!

da es hisham ohnhin nichts hilft, wenn ich mitleide, rauche ich in downtown eine abschluss-shisha mit einer meiner neuentdeckten österreichischen nachbarinnen. sie hat so eine freude mit dem leben in ägypten, dass gleich ein wenig davon auf mich übersprang und ich mich ganz fröhlich zu hause wiederfand.

werden mich dieses land und diese stadt überhaupt je loslassen? die österreichischen expertinnen, die ich zu rate gezogen habe verneinen diese frage jedenfalls entschieden.

Wednesday, May 2, 2007

die insel roda

in kairo besuch zu haben ist nicht ganz einfach, weil die besucherInnen nicht allzu viel selbständig machen können. wenn sich ein taxifahrer finden lässt, der englisch spricht, heisst das noch nicht, dass er auch weiss, wie man dort hinkommt, wo man hinwill, denn hier ist es nicht der job der taxifahrer, die wege zu kennen. wenn man dort ist, wo man hinwill, findet man entweder niemanden, der englisch spricht oder zu viele, die alles mögliche wollen, was man/frau selbst vielleicht gar nicht will. einheimische oder zumindest erfahrene begleitung ist also angesagt. wenn jemand länger als eine woche bleibt, wird das fuer die gastgeberInnen ganz schön anstrengend. so bat mich eine freundin, ob ich nicht einen halben tag mit einer freundin von ihr verbringen koennte. ich bot mich an, ihr den manial palast zu zeigen. er liegt auf der insel roda.

in kairo gibt es mehrere inseln im nil, von denen gezira wohl die bekannteste ist. auf gezira bin ich oft, da im stadtteil zamalek meine schwiegermama und eine meiner besten freundinnen wohnen. südlich von gezira liegt roda.

nach roda kann man von bab el louq aus ganz gut zu fuss gehen. zuerst wandert man nach garden city und dann noch ein stück auf der corniche, bis man die brücke zum hyatt hinübergehen kann, das auf roda liegt. ich überquerte diesmal nicht, sondern blieb an der corniche und sah mir roda zunaechst von der garden-city-seite her an. kleine gärtchen säumen den kleinen nil, der blick ist völlig idyllisch, wenn man den verkehrslärm aus seinem wahrnehmungsspektrum ausfiltert, fühlt man sich in einen kurort versetzt. auf roda gibt es auch weniger verkehrslärm - die insel ist mit einigen ausnahmen ziemlich ruhig. ich nahm die nächste brücke, die eine der ausnahmen darstellt, und war schneller vor dem manial-palast als ich gedacht hatte. dieser palast, dessen unterschiedliche gebäude größtenteils zu anfang des 20. jahrhunderts erbaut wurden, verfügt auch über einen recht schönen garten. normalerweise ist es dort recht ruhig und es ist angenehm, auf jemanden zu warten. diesmal aber war es anders: die palastanlage wird renoviert. kein eintritt also, ich hätte mich auch wegen meiner baustellenphobie nicht darum gerissen ;-)

da ich auch nicht scharf darauf war, auf rodas hauptverkehrsstraße eine viertelstunde auf meine verabredung zu warten, setzte ich mich ins café gegenüber vom palast. es ist auch idyllisch - direkt am kleinen nil gelegen, ein bisserl altmodisch, aber sehr schön zum sitzen. der kellner konnte es gar nicht fassen, dass ich bereits die rechnung bestellte, als er mit dem kaffee kam. er brachte sie natürlich auch nicht, sondern erklärte mir, ich sollte erst einmal den kaffee in ruhe genießen (meine gegenargumente zählten nicht). ich genoss, wenn auch in eile, und musste dann natürlich nach dem guten mann suchen, der sich nunmehr doch über meinen zeitdruck freute, weil ich ihm einfach einen 10-pfund-schein in die hand drückte ohne auf wechselgeld zu warten.

ich stand keine 2 minuten vor dem palast, da kam auch schon ein taxi mit einer ausländerin an. e., die freundin meiner freundin, zeigte sich bereit, ein stück mit mir zu spazieren. wir gingen der palastmauer entlang in richtung süden, und sie begann, mir ihre familiengeschichte zu erzählen. ihre grossmutter, eine in kärnten lebende kluge und strategisch denkende frau hatte eine reihe von beziehungen aufgebaut... wie trocken das klingt! e. erzählte mir einige beispielhafte episoden, bis ich ausrief, das klinge wie aus einem roman von adalbert stifter. ich werde hier dennoch nicht versuchen, die geschichte in details wiederzugeben. wir waren wieder beim nil angelangt und in einer späteren periode von e.s leben. sie erzählte, wie sich ihre italienischkenntnisse entwickelt hatten, sie dann doch wieder nach kärnten zog, wo sie italienischunterricht gab - weniger, um geld zu verdienen, als vielmehr, um soziale kontakte auf- und auszubauen. heute ist sie ihrer liebe zu italien gefolgt und lebt in triest.

sie bewunderte die gärtchen am nil, in denen zimmerpflanzen aufgezogen werden und wo wirklich jeder quadratzentimeter für einen blumentopf genützt wird. die straße am nil entlang ist eine sackgasse und hat damit fast etwas fußgängerzonenhaftes - ganz untypisch für kairo und wunderschön ruhig. es war mittag und recht warm, aber noch erträglich. dennoch war e. dann froh, als wir die nordspitze der insel erreicht hatten. wir zahlten eintritt für den manasterly-palast-komplex und rasteten erst einmal ein wenig auf einer bank im garten. dann wollten wir den palast besichtigen. ich hatte ihn bisher nur bei einem konzert gesehen, und er ist auch - anders als mein reiseführer das meint - nur bei konzerten zu besichtigen. also kein palast für heute. immerhin durften wir die nilterrasse des palastes betreten, vor der sich der fluss wie ein see ausbreitet, in dem die nächste insel, dahab island, liegt. auch ein blick durch eines der fenster war möglich, sodass immerhin eine der stuckdecken zu sehen war, für die der palast aus der mitte des 19. jahrhunderts berühmt ist, der dem innenminister ahmad al-manasterly, einem zum islam konvertierten belgier, als wohn- und arbeitssitz gedient hat. es ist und bleibt ein jammer, dass man auf der terrasse nur vor den konzerten erfrischungen serviert. wir hätten dort sicher ein schönes stündchen verbringen können, vielleicht auch mehrere.

stattdessen gingen wir ein stück zurück und in den nilometer. nilometer waren seit den zeiten der pharaos dazu da, die fluthöhe des nils zu messen. so konnte man voraussagen über die zu erwartende menge der ernte treffen. heute gibt es die staudämme und keine überschwemmungen mehr, aber einige nilometer sind noch erhalten. der, den wir besuchten, wurde 861 erbaut, später mit innenverzierungen und inschriften versehen und ich sehe ihn noch immer gern an, obwohl ich schon einige male drinnen war. man kann sich über frühere wasserstände informieren, sich vom "wärter" des pavillion-artigen häuschens, das den nilometer bildet etwas erzählen lassen und dann auf lustig-freie weise für die gäste ins arabische übertragen und man kann die stiegen in das innere des nilometers hinunterklettern, bis man sich auf der höhe des früheren wasserspiegels befindet. letztere möglichkeit ließen wir aus, da die fehlenden stiegengeländer doch nicht jederfraus sache sind.

ebenfalls im palastkomplex befindet sich das umm-koulthum-museum. ich hatte es noch gar nicht besichtigt, und nun sahen wir es beide das erste mal. Umm Koulthum ist die bekannteste und bedeutendste ägyptische Sängerin, deren lieder noch heute gern gespielt werden. Die diva, die 1975 gestorben ist, wird fast göttinnengleich verehrt. demgemäß ist auch das museum zwar klein, aber extrem liebevoll gestaltet. collagen aus bildern aus allen lebensaltern und der großen frau, kleider, die sie bei ihren auftritten getragen hat, schmuck und medaillen, die ihr verliehen worden sind, und zu all dem ihre musik, deren reiz eine mischung aus ländlichen elementen, die sie von ihrer kindheit im delta "mitgebracht" hatte und städtischen einflüssen darstellt. den höhepunkt des museumsbesuchs bildet ein "panorama": umm koulthoums lebensstationen zusammelngestellt in wechselnden bildern, die auf eine mindestens 5 meter lange, gewellte leinwand projiziert werden. natürlich gab auch hier ein freundlicher mensch zusätzliche informationen und erhielt denn auch zusätzliches kleingeld von uns. der museumsbesuch war mit 2 pfund (ca. 25 cent) ohnehin mehr als wohlfeil gewesen.

nun stellte sich heraus, dass e. vom gleichen taxifahrer abgeholt werden sollte, der sie auch zum manial-palast gebracht hatte. das erwies sich sich zwar als etwas kompliziert, weil er manial- und manasterly-palast nicht voneinander unterscheiden konnte, aber schliesslich fanden wir einander doch, und er war nur ein kleines bißchen boese wegen unseres "verwirrspiels" ;-) so verließen die insel und warfen uns in den stau, um zur amerikanischen universität (AUC) zu kommen, wo e. im buchgeschäft stöbern wollte. ich stöberte mit und wir tranken noch einen kaffee und verabredeten ein wiedersehen in wien und triest.

da die AUC in bab el louq liegt, hatte ich es nicht weit nach hause. da ich auf dem heimweg in eine freundin hineinlief und deshalb noch einen kaffee trank, dauerte der heimweg aber dann doch ein weilchen.

es kann manchmal doch spaß machen, das haus zu verlassen!