„Ich bin jetzt hier,
hier in Wien“
Der in Wien lebende Schriftsteller Tarek Eltayeb las
im „El Sawy Cultural Center“ in Kairo aus seinem Roman „Das
Palmenhaus“ (publiziert 2005)
als ich in Wien landete,
in meinem Kopf eine verpflanzte Palme.
Ihre Triebe sind in zwei Jahren Blätter geworden.
Der Herbst kam
und packte sein Hab und Gut zusammen.
Doch ich hatte bereits vor ihm das Laub aufgesammelt,
das mir vom Kopf gefallen war.
Ich versteckte es
für meinen Schlaf und meine Wangen.
Im Traum war es eine Palme,
im Wachsein ein Polster.
Ich bin Sommer geworden.
Unter dem Druck meines Kopfs höre ich es rascheln.
Es flüstert ins Ohr meiner Träume.
Und ich habe begonnen,
mich vor dem Winter zu fürchten.“
Dieses Gedicht, „Jahreszeiten einer verpflanzten Palme“, schrieb
Tarek Eltayeb im Jahr 2000 in Wien.
16 Jahre hatte er bereits hier zugebracht,
zum Teil mit dem Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, das er 1997
mit Doktorat abschloss. Der 1959 als Sohn sudanesischer Eltern in Kairo
geborene und aufgewachsene Autor hatte 1985 begonnen, literarisch zu schreiben.
„Ich hatte Heimweh und am Anfang keine Freunde gefunden, die sich für
Literatur interessierten. Man sprach oberflächlich über die Arbeit, die Miete
und den Tagesablauf. Jeden Tag dasselbe und mehr nicht! Da habe ich begonnen,
sehr viel zu lesen, und die Bücher waren eben meine Freunde. Dann wollte ich
das Schreiben einmal selbst versuchen. Ich war froh, weil ich durch das
Schreiben meine Balance fand.“
Das erzählt er in der 1996 erschienenen Anthologie „JEDER IST
anderswo EIN FREMDER“, in der auch Lyrik und Prosa von ihm abgedruckt sind.
Schon davor konnte Tarek Eltayeb nicht nur auf zahlreiche Veröffentlichungen in
arabischsprachigen Zeitungen und Zeitschriften in Europa und arabischen Ländern
verweisen, sondern auch auf mehrere Bücher in arabischer Sprache. Noch immer
ist das Arabische die Sprache, in der der Schriftsteller seine Werke verfasst.
Sie werden von seiner Frau, der Arabistin Ursula Eltayeb, ins Deutsche
übertragen. Doch obwohl Arabisch die Sprache für seine literarisches Schaffen
ist, war es für Tarek Eltayeb ein Anliegen „die deutsche Sprache so gut zu
erlernen, daß ich sofort weiß: Was meint der, der da vor mir sitzt?“:
Das neueste Werk von Tarek Eltayeb, das in deutscher Sprache
im Herbst 2005 in der Edition Selene erscheinen wird, heißt „Das Palmenhaus“.
Das Palmenhaus im Park des Schlosses Schönbrunn in Wien ist
eine gigantische Stahl-Eisen-Glas-Konstruktion, eine Meisterleistung der
Architektur des 19. Jahrhunderts. Dieses einzigartige Glashaus lässt Phantasien
von weit entfernten tropischen Ländern und ihrer Flora für die Wiener
Wirklichkeit werden. Für den Protagonisten des Romans, „Hamza“, wird es zum
Ort, der lang verblasste Erinnerungen an Kindheit und Familie im Sudan wieder
lebendig werden lässt. Hamza, meistens hungrig und frierend vor Kälte und
Einsamkeit, ist Immigrant in Wien, einer für ihn „herausgeputzten,
sanftmütigen, historischen Stadt, in der Menschen wie ich an den Rand gedrängt
werden.“ Hamza steht damit für viele Migranten, die herausfinden, dass Europa
für sie nicht das faszinierende Land überquellenden Reichtums ist, das sie sich
vorgestellt haben. Mit seinem Leben im kalten und oft unfreundlichen
europäischen Hier und Jetzt, seiner Begegnung mit einer Wienerin, die Wärme in
sein Leben bringt und seinen Träumen von den Stätten und Menschen seiner
Vergangenheit wird Hamza zum Wanderer zwischen den Welten und den Kulturen,
zwischen Einsamkeit und Hoffnung und zwischen den Zeiten, was auch eine
Leseprobe aus dem Roman veranschaulicht:
Tarek Eltayeb gibt in seinen Werken jenen eine Stimme, die
ausgezogen sind, weil sie in ihrer Heimat nicht mehr leben können oder wollen,
und in der Fremde das Glück suchen – meistens, ohne dabei glücklich zu sein. Er
zeichnet poetische und bewegende Skizzen, die die Lesenden in ihren Bann ziehen
und zu einem neuen Bild verschmelzen, das nicht das „Eigene“ oder das „Fremde“
darstellt, sondern die vielfältigen Räume, die sich durch die Begegnung von
Kulturen eröffnen.
In der BAWAG-Anthologie „Macht Religion Sinn“ (Wien 2002)
beschreibt Tarek Eltayeb seine eigene vielfache kulturelle Zugehörigkeit:
Tarek Eltayeb, der nicht nur literarisch tätig ist, sondern
auch als Fachhochschulprofessor am International Management Center der
University of Applied Sciences in Krems arbeitet, hatte vor seinem Studium in
Wien an der Ain Shams Universität in Kairo Betriebswirtschaft studiert. Er
freute sich sehr, vom Österreichischen Kulturforum Kairo in die Stadt seiner
Jugend eingeladen zu werden, und dabei auch an der Ain Shams Universität zu
lesen. Einer der Höhepunkte seiner Lesereise durch Ägypten war mit Sicherheit
die Präsentation seiner Werke im El Sawy Culture Wheel, bei der sich unter dem zahlreich
erschienenen Publikum auch namhafte ägyptische LiteraturwissenschafterInnen und
SchriftstellerInnen wie Salwa Bakr befanden, mit denen der Autor zum Teil seit
Jahren Kontakte pflegt.
Werke von Tarek ElTayeb:
auf Deutsch:
- Städte ohne Dattelpalmen . Lyrik und Prosa von und ein Gespräch mit Tarek Eltayeb. In: JEDER IST anderswo ein FREMDER. Hrsg. von Christa Stippinger. Wien 1996 (=Interkulturelle Reihe des Vereins Exil im Amerlinghaus, Bd.1). S. 80-94.
- Ein mit Tauben und Gurren gefüllter Koffer ; Gedichte und Prosa. Arabisch/Deutsch (aus dem Arabischen von Ursula Eltayeb), edition selene, Wien 1999.
- Städte ohne Dattelpalmen . Roman (aus dem Arabischen von Ursula Eltayeb), edition selene, Wien 2000.
- Aus dem Teppich meiner Schatten, Gedichte und Prosa (aus dem Arabischen von Ursula Eltayeb), edition selene, Wien 2002. Das am Anfang dieses Artikels abgedruckte Gedicht ist diesem Band entnommen.
- Macht Religion Sinn? Ein Leben zwischen islamischen und christlichen Welten. In: Macht Religion Sinn. Eine BAWAG-Anthologie über Gott und die Welt, Ueberreuter, Wien 2002. S. 9-19.
- Das Palmenhaus. Roman.
edition selene, Wien 2005.(der Roman erschien 2007 im Verlag Hans Schiler - korrigiert 2013-02-01)
الأعمال المنشورة:
- مدن بلا نخيل، رواية، طبعة
أولى، دار الجمل، كولونيا، ألمانيا 1992
- طبعة ثانية، دار الحضارة
للنشر، القاهرة 1994
- الأسانسير، مسرحية، السلام
للطباعة والنشر، القاهرة 1992
- الجمل لا يقف خلف إشارة
حمراء، مجموعة قصصية، دار الحضارة للنشر، القاهرة 1993
- اذكروا محاسن ...
، مجموعة قصصية، دار شرقيات للنشر، القاهرة 1998
- حقيبة مملوءة بحمام وهديل
(عربي – ألماني)، قصائد ونصوص، دار سيلينه للنشر، فيينـّا 1999
- تخليصات
(إرهاب العين البيضاء) حس، دار ميريت للنشر، القاهرة 2002
Weiterführende Informationen im Internet (aktualisiert 2013)
- Tarek ElTayeb (persönliche Website des Autors): http://www.eltayeb.at/aktuell.html
Aus: Österreichisch-arabische Informationsplattform: Magazin
1/2005 (http://www.austro-arab.net)
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