Saturday, March 17, 2007

work is not permitted

natürlich musste auch in diesem studienjahr wieder einmal die zeit kommen, zu der ich mich in die mogamma, die inkarnation kafkaesker schreibphantasien, zu begeben hatte. eigentlich hätte diese zeit ja schon irgenwann im letzten herbst kommen sollen, allein, da lag die vertragsverlängerung mit meiner uni noch im hochschulministerium, von dem sie sich erst nach intervention durch die österreichische botschaft weiterbewegt hatte. wer war schuld?

ich natürlich! ich hätte nämlich meiner uni im juni schon einen brief schrieben müssen, dass ich wiederkomme. davon hatte mir zwar leider niemand was gesagt, aber das ändert nichts an meiner schuld. in ägypten ist nämlich nie wer schuld, jedenfalls kein ägypter und keine ägypterin. zum glück gibt es eine grosse menge an ausländerInnen hier, die können die schuld absorbieren. wenn sich das nicht ausgeht, gibt es noch immer reichlich auf im ausland lebende gruppen abzielende verschwörungstheorien...

trotz meiner schuld erhielt ich schliesslich den brief von der uni, den ich zum erhalt eines aufenthaltsvisums brauche. ich bekam ihn eine woche vor meiner abreise nach österreich und wagte mich zu diesem zeitpunkt nicht mehr auf die mogamma. bei der einreise hatte ich wieder ein monatsvisum, aber vor 2 wochen wurde der bedarf an einem neuen visum akut. also auf in die hochburg der bürokratie. die recht freundliche dame am ausländerInnenschalter nahm den brief in augenschein, befand, dass eine formulierung falsch sei, schrieb mir die neu zu schreibende zeile und empfahl mir, damit wieder auf die uni zu gehen. ich warf ein, dass mein visum bereits abgelaufen sei, sie wies mich auf die 2 wochen toleranzfrist hin, ich beteuerte, dass sich innerhalb von 2 wochen von der uni nix bekommen liesse. sie sah das ein und empfahl mir ein touristenvisum. ich beschloss, mich damit zu begnügen.

touristenvisum geht auch schneller als aufenthaltsgenehmigung - das ist für österreich nicht anders - ich dürfe in 4 tagen wiederkommen, sagte mir die nette dame, nachdem sie meine passkopien, den antrag und fotos in eine mappe geheftet hatte.

ich kam nach einer woche wieder. diesmal musste ich mich vor einem anderen schalter anstellen bzw. das tun, was in österreich anstellen wäre. ich klebte mich also an den menschenklumpen, der vor einem schalter zusammengeballt war, hinter dem niemand saß. ich war im klumpen die einzige frau, was ich nicht angenehm fand. die mich umklumpenden männer hatten diverse hautfarben und pässe. ohne rassistisch sein zu wollen, glaubte ich einen zusammenhang zwischen der dunkelheit der haut und der geschicklichkeit beim vordrängen zu erkennen. irgendwann sass auch jemand hinter dem schalter und irgendwann kam ich auch dran. mein "file" war aber nicht zu finden. ich instistierte, die - weniger freundliche und sehr überarbeitete - beamtin suchte nochmals, aber ohne ergebnis. "go to their boss", riet mir ein sudanesich aussehender leidensgenosse, und ich tat das auch.

ich überschüttete den boss mit einem wortschwall, der zumindest für ausländerInnen arabisch geklungen hätte. er nahm auch zur kenntnis, dass ich mich beklagte und gab mir einen büroboy mit, der sich vor mir durch das auf den gängen herrchende gedränge wand. wir waren wieder beim schalter der einreichung, in dessen hintergrund der visaantrag auch gefunden werden konnte. allerdings mussten daran offensichtlich noch einige schreibarbeiten vorgenommen werden. zum glück tauchte hisham auf, als ich dabei war, die nerven zu verlieren. das heisst: sein glück war es natürlich nicht, mich bei einem heruntergewürgten tränenausbruch zu beobachten.

immerhin war so die zeit, die es brauchte, bis die erforderlichen vermerke in dem mich betreffenden mäppchen vorgenommen worden waren, verstrichen, und wir durften wieder zum abholschalter. wenn ich mich daran erinnere, wie entspannt ich die ersten beiden male die mogamme besucht hatte, und wie mir im letzten jahr durch einen schreianfall immerhin innerhalb von einer woche ein aufenthaltsvisum ausgestellt worden war, ist mir nicht begreiflich, wieso ich den vermerk der beamtin, dass ich nun in 2 stunden wiederkommen dürfe, nicht mit mehr ruhe quittiert habe. ich verlangte nur meinen pass zurueck und sagte, ich ginge nun zum reisebüro und würde das land sofort verlassen, das ja offensichtlich keinen wert auf meine anwesenheit lege und in dem ich wie scheisse behandelt würde. hier war die anwesenheit hishams ein nachteil, denn automatisch hatte ich diesen gefühlsausbruch auf englisch. daher verstand die beamtin nur "shit", was sie auf sich bezog. sie war zutiefst beleidigt, ich auch, und wir zogen hintereinander zum boss - ich mit dem pass, sie mit dem mäppchen, hisham hinter uns drein, versuchend zu kalmieren. der boss nahm pass und mäppchen und wir wurden beschieden, dass wir das visum in einer viertelstunde abholen könnten. ich war zwar wirklich nicht mehr scharf auf das visum, und hätte mich über einen grund zur sofortigen abreise sehr gefreut, aber den hatte man mir vorläufig weggenommen.

nach einer viertelstunde gab es tatsächlich das visum. wie jedes touristenvisum trägt es den vermerk "work is not permitted". ich kann also noch immer hoffen, dass jemandem auffällt, dass ich hier ohne arbeitgenehmigung arbeite und ich des landes verwiesen werde. aber diese chance ist äußerst gering. ich muss also voraussichtlich noch 92 tage warten, bis ich dieses land verlassen darf, das dem touristen so gastlich erscheinen mag und den neu ankommenden auch. denn ich will nicht vergessen, dass ich hier auch einmal gute zeiten hatte.

anderentags sass ich mit walter und christine grond und 2 schweizer freunden von ihnen sowie 2 leuten von der österreichischen botschaft und einem uni-kollegen in al minia im uni-klub in der sonne. der nil zog vorbei, und auch die gedanken und gespräche. die sonne schien - da ich mit ausländerInnen sass - zur abwexlung sogar auf unsere gesichter. die lesung von grond, die im chaos begonnen hatte, war sehr erfolgreich gewesen. um die offiziellen partien im büro der dekanin war ich dank meines unterrichts herumgekommen. jetzt war es nur noch schön. jeder wunderte sich, dass ich nicht öfters in al minia übernachte, weil es hier so schön sei. wir machten auch noch einen langen spaziergang an der corniche - und die nilpromenade ist wirklich die schönste in ganz ägypten. so sollte es immer sein! am ende machte es mir nicht einmal mehr etwas aus, dass ich nicht den früheren zug nach hause hatte nehmen können (denn sogar darüber hatte ich mich mittags noch gegrämt)...

und wenn ich einmal finde, dass mir die arbeit zu viel wird, kann ich ja jetzt simpel mein visum herzeigen, das eigentlich meinen neigungen entgegenkommt: ich darf nicht arbeiten. al hamdullilah! wenn das nur jemand ernst nehmen würde! ;-))

1 comment:

Gundel said...

Liebste Niki! Ich diagnostiziere ein akutes EgyptBurnout-Syndrom und bin sehr besorgt darob, liebe Freundin! Sei dir gewahr, dass Vienna nach wie vor auf dich wartet, aber bedenke auch: das Heimweh nach Cairo wird eines Tages sicher kommen, wenn du nur wieder lange genug daheim gewesen sein wirst. Oder wird vielleicht gar Schlimmes passieren: wirst du gar zu Patriotin werden und deine Karriere hier in einer heimattreuen Partei fortsetzen und unsere Wienerstadt mit Plakaten ala "Wien darf nicht Kairo werden" zupflastern!?
Zahlt die Ärzteflugambulanz auch Flüge von FreundInnen zwecks Leistung erster Hilfe an in Ausland weilenden FreundInnen? Wir kommen sofort! :-)
PS: Habe heute die Wiener Moschee besichtigt und gemeinsam mit den Frauen am Balkon gebetet - bzw. dort verweilt - inklusive interessanten Ausblick auf unzählige Männerhintern ;-) Ich hoffe, dies fällt nun nicht der Zensur zum Opfer!
Kuss von Gudy